YabYum – Die tantrische Stellung der Verschmelzung
Als ich anfing diesen Blog Artikel zu schreiben, war mir klar, dass die Komplexität des Themas Unterstützung braucht, welche ich von Ilka Stoedtner und jemanden erhielt, der nicht namentlich erwähnt werden möchte. Es kann sein, dass manches nur nachvollziehbar ist, wenn man entsprechende Übungen kennengelernt hat. Feedback ist natürlich erwünscht.
Eine der tantrischen Haltungen im buddhistischen Tantra heißt Yab Yum oder „Vater-Mutter“. Seit der Ankunft des Buddhismus im 8 Jhdt in Tibet durch Padmasambava, war tantrische Sexualität Teil des tibetischen Buddhismus. Die Bezeichnung der kraftvollen yogisch-tantrischen Praxis des Karmamudra wurde „Der Weg der geschickten Mittel“ (thab lam) und der „Weg der Glückseligkeit der unteren Tore“ (oggo dechen lam; die unteren Tore sind die unteren Chakren) genannt und kultiviert, verfeinert sexuelles Verlangung und Lust auf eine non-dualistische Art, um schlussendlich in einem Buddha-ähnlichen Zustand der Leere anzukommen.
Der Taoismus bezeichnet sie als Yang und Yin an. Diese zwei Kräfte sind überall in der Welt wirksam Welt: hell und dunkel, heiß und kalt, trocken und nass. Sie sind miteinander verbunden und stärken sich gegenseitig. Die Yang-Kraft des Himmels, die von oben herabsteigt, bestimmt die Struktur des Lingams, des männlichen Geschlechtsorgans, während die Yin-Kraft der Erde von unten in den Körper fließend die Form der Yoni, des weiblichen Geschlechtsorgans erschafft.
Ilka Stoedtner: Die Elemente-Lehre ist ein recht komplexes Studium. Laut chinesischer Medizin fließen in jedem Menschen sowohl Yin als auch Yang Energie. Beide Ströme finden sich in allen Organen und man kann sie immer feiner aufschlüsseln.
Die Yang-Kraft des Himmels ist dominant im Mann und die Yin-Kraft der Erde ist dominant in der Frau.
Ilka Stoedtner: Deshalb sehen Männer und Frauen unterschiedlich aus, aber in beiden fließt dasselbe Qi, welches sich in immer kleinere Einheiten differenzieren lässt. Die Yang Kraft verursacht eine nach außen durchdringender Form des Lingams, wobei die Ursache hierfür eine genetische Komponente ist, das Y Chromosom ist verantwortlich. Yin/Yang Energie fließt immer durch beide Organe.
Während die Yin Kraft eine nach innen gerichtete, rezeptive Form für die Yoni ist. So ergänzen sich die Kräfte des Himmels und der Erde einander während des sexuellen Kontaktes.
Die Symbolik wird im Buddhismus mit dem Anuttara-Tantra in Verbindung gebracht, und die männliche Figur wird gewöhnlich mit Mitgefühl und geschickten Mitteln verbunden, während der weibliche Partner Eingebungen vermittelt.
Samantabhadra und Samantahhadri
Samantabhadra wird blau dargestellt, wie die unendliche Tiefe des Raumes. Samantahhadri ist weiß, wie die Reinheit und leeres Bewusstsein jenseits aller Konzepte, Bedingungen, Objekt oder Subjekt.
Der Yab steht für die Methoden, oft auch als geschickte Mittel bezeichnet (Upaya), das sind alle Mantras, Visualisationen & Rituale. Die Yum steht für die Weisheit, Prajna als Erfahrung der inneren Leere (shunyata). Yab-Yum ist ein ikonografischer Begriff, er steht für tantrische Gottheiten, die sich in sexueller Vereinigung befinden, mehrheitlich stehend, manchmal sogar tanzend. Der Yab steht meistens auf beiden Beinen (oft ist er vierbeinig, sechsarmig, dreigesichtig, aber es gibt auch noch viele andere Möglichkeiten), die Yum ist meistens mit einem Bein am Boden, in selten Fällen mit beiden am Boden (Kalachakra), in seltenen Fällen mit beiden Beinen oben, also der Yab hält sie in der Luft. Diese Praxis hat nichts mit irgendwelchen Positionen oder körperlichen Haltungen zu tun, sondern die Bilder symbolisieren einen inneren, geistigen Zustand.
Ein anderer Aspekt des tantrischen Buddhismus ist das Yoga der Erweckung des inneren Feuers und das Wissen und die Kontrolle über die Energiekanäle. Diese Praxis wird wiederum für das Karmamudra (Vajrayana Buddhismus) benötigt, um die verschiedenen Erfahrungen zu machen, die hier möglich sind. Man erzeugt in der sexuellen Vereinigung ist, eine Aufwärtsbewegung des Atems, während man auf ein bestimmtes Mantra meditiert. Dies wiederum erzeugt sexuellen Erregung, welche man so gut wie möglich ignoriert und sich auf die Natur des Geistes konzentriert. Im Körper geht man durch einen verwandelnden Prozess der Energiekanäle (zB Wasser löst sich im Erdelement auf der zuerst von oben nach unten führt, sich dann umkehrt und zum Schluss im Herz zentriert.) Am Ende dieser Praxis erfährt man unbegrenzte, innere Weite, die sich so anfühlt, wie wenn man die Endlosigkeit des Himmels betrachtet und nur endlosen Raum findet.
Die Hindernisse dabei sind im Halschakra die 3 Emotionen von Ignoranz, Wut & hasserfüllter Rede, im Herz die 40 verschiedenen Sehnsüchte und im Nabel die 7 unterschiedlichen Arten der Verwirrung. All diese Emotionen werden sich mehr oder weniger zuerst einmal zeigen.
Auf tantrisch-buddhistischen Gemälden oder Statuen, die Shiva und Shakti in inniger Umarmung darstellen, sitzt die wollüstige Shakti gewöhnlich rittlings auf dem Schoß ihres Geliebten und umschlingt ihn wie eine Pflanze, das Gesicht glückselig nach oben gerichtet. Dieses grafische Motiv suggeriert sexuelle Liebe, was Sinn macht, denn für viele Menschen ist die sexuelle Vereinigung die einzige Erfahrung von Einheit. Wenn sie sich in den Armen ihres Liebhabers verlieren, erleben sie erleben sie zumindest einen Anschein des ego-transzendierenden Bewusstseins…
Ilka Stoedtner: Eine Einheitserfahrung muss nicht unbedingt das EGO transformieren!
…des tantrischen Adepten. Neo-Tantriker versuchen, das göttliche Paar nachzuahmen,…
Ilka Stoedtner: Neotantriker sitzen nicht die ganze Zeit im Yab Yum und versuchen ein transzendentes Bewusstsein zu erlangen. Dennoch findet der Suchende das YabYum im Neo Tantra als EIN Puzzlestück eines großen Bildes.
…aber vergessen dabei, dass die Vereinigung zwischen Shiva und Shakti nicht nur sexuell ist, sondern meditativ, transzendental und daher auch asexuell ist.
Ilka Stoedtner: Ein Prinzip des Tantras ist die Vereinigung. Dies kann direkt sexuell stattfinden oder auch im Sinne einer körperlich sinnlichen empfundenen Vereinigung die innerhalb eines meditativen Erlebens statttfindet.
Die Frucht ihrer Vereinigung – und damit auch das tantrische Ziel ist nicht der körperliche Orgasmus, wie überwältigend er auch sein mag, sondern immerwährende Glückseligkeit, weit jenseits dessen, was das menschliche Nervensystem zu erzeugen vermag.
Yab Yum lehnt sich an die energetische Geschlechterpolarität von Mann und Frau an, wie sie sich in der sexuellen Vereinigung manifestiert. Der Mann sitzt mit gekreuzten Beinen und die Frau sitzt ihm gegenüber auf seinem Schoß, wobei ihre Beine um seinen Oberkörper und unteren Rücken geschlungen sind. Zusammen repräsentieren sie Shiva und Shakti, die sich ergänzenden männlichen und weiblichen Energien.
Anleitung: Setzt euch gemeinsam in die YabYum Stellung. Deine Augen können geschlossen sein, während du dich weiterhin auf den Atem als Hauptpunkt der Verbindung konzentrierst.
Ilka Stoedtner: Grundlage für die Verbindung ist Eure Körperhaltung. Wenn beide Körper entspannt sind, dann kann der Atem auf natürliche Weise fließen. Das ist die Voraussetzung nach Innen zu schauen. Wenn irgendetwas zieht oder kneift, dann geht die Aufmerksamkeit dorthin, was schade wäre und nicht der Sinn der Sache. Safety first. – wie im Flugzeug , jeder achtet erst auf sich selbst- dann auf den anderen.
Ihr nehmt die Energie zwischen euch wahr und wenn ihr tantrische Atem- oder Bewegungsübungen kennt, könnt ihr diese ausführen. Blickt euch in die Augen und versinkt darin, so lange wie möglich, ohne zu blinzeln.
Nehmt die Qualität der Energie wahr. Wie fühlt sie sich an? Wo in deinem Körper spürst du sie? Lasst sie sich frei bewegen, während eure Körper sich durch den Mann/Frau-Magnetismus immer mehr aufladen. Die weibliche Energie der Frau beginnt aufzusteigen, der Körper ist das Gefäß, Shushumna im Rücken, der Energiekanal für die Lebensenergie. Die Rolle des Mannes ist es, den Raum zu halten,
Ilka Stoedtner: Im Yab Yum hält der Mann die Frau physisch. Dazu ist es wichtig, dass er gut entspannt aufrecht sitzen kann. Yogapraxis ist hilfreich, um sich nicht in Anstrengung zu verlieren. Selbiges geht auch genauso gut auf einem Stuhl. Die Energie entfaltet sich in beiden Partnern. Beide können den genannten Energieverlauf beobachten und über Aufmerksamkeit, Visualisierung und Atmung verstärken.
Wenn das vierte Chakra von der aufsteigenden Energie erreicht wird, verändert sich qualitativ die energetische Beziehung zu sich selbst und zum Partner, der Partnerin (und dem Rest der Welt).
Ilka Stoedtner: Veränderungen sind die Folge von Bewusstseins- und Erkenntnisprozessen. Alles andere sind energetische Phänomene.
Auch der Mann macht seinen Körper zu einem Gefäß und beobachtet, atmet, gibt dem Weiblichen Vertrauen, Geborgenheit und Sicherheit, während sie es zulässt, dass sie diese Energie überwältigt, davonträgt und sich in Wellen von Bliss auflöst.
Während diese Energie zwischen euch tanzt, bemerkt ihr vielleicht, dass der Schleier der Dualität dünner wird…
Ilka Stoedtner: Ja!
…und ihr könnt euch weiter darin unterstützen, indem ihr euch fragt, wenn Gedanken, Gefühle, Bilder auftauchen: Wer hat das gedacht? Woher kommt dieser Gedanke, dieses Gefühl, diese Bilder?
Ilka Stoedtner: Oder, indem man sich vorstellt, die Gedanken ziehen wie „Wolken vorüber“.
Eure Egos, eure Ideen darüber, wer ihr seid, eure Persönlichkeiten, verblassen.
Ilka Stoedtner: Für mich hat die Persönlichkeit hat nicht unbedingt etwas mit dem Ego zu tun. Das bräuchte eine längere Erklärung. Wenn in der Vereinigung die „Idee“ darüber verblasst, wer du bist, dann ist das schon ein großes Geschehen.
Es bleibt Bewusstsein, Schwingung in der Vereinigung des göttlichen Maskulinen und Femininen, eine fraktale Verkörperung des Universums.
Ilka Stoedtner: Hier sind zu viele Dinge in einem Atemzug genannt. Das wäre, wie wenn du nächste Weihnachten einen neuen passenden Partner bekommst, sowie ein Luxusapartment in Berlin gewinnst, einen Porsche als Geschenk in der Garage steht und du so erfolgreich in deiner Arbeit bist, dass du nicht mehr aus dem Haus gehst, weil sich die Fans am Gartenzaun die Hand geben und Party feiern. (Ingrid: Immer her damit! :D)
Es ist der Ort, an dem wir dem „Anderen“ wirklich begegnen…
Ilka Stoedtner: Bestenfalls – zumindest körperlich- und, es muss auch nicht so sein. Manch eine Begegnung ist nur für einen selbst gedacht. Was für die eine Person ein reichhaltiges, ekstatisch- spirituelles und Herz-öffnendes Erlebnis ist, so muss es das, für den anderen noch lange nicht sein. Manchmal ist das Gegenüber wie ein kostbares Bindeglied zu einer neuen Erfahrung. Wenn beide gemeinsam eintreten umso atemberaubender ist das Erleben.
…und uns auf ihn einlassen.
Ilka Stoedtner: siehe oben.
Dies ist der Ort, an dem Vorurteile zu schmelzen und sich zu verwandeln beginnen, und wir finden in uns selbst, was wir bisher glaubten, nur außerhalb von uns zu finden.
Ilka Stoedtner: Wie gesagt, wenn nur ein einziges dieser Dinge stattfinden würde, wäre es schon großartig!
Das zuvor beschriebene stellt die neo-tantrische Erfahrung dar, während im buddhistischen Tantra Karmamudra wird von zwei Übenden durchgeführt wird, die die Erzeugungsphase einer Gottheit des Anuttara Tantra mit Visualisation und Mantra gemeistert haben. Dies wird mit einer vollständigen vierfachen Einweihung in ein höheres buddhistisches Tantra und der entsprechenden Praxiszeit erhalten. Die Praxis wird hier von einem Linienhalter über einen längeren Zeitraum betreut. Was dann geschieht, hängt von den Details des jeweiligen Tantra ab. Das wesentliche dabei, ist dass die Partner sich aufeinander einlassen, sich wirklich für den anderen ohne Anhaftung und Kontrolle öffnen und bis zur zeitweiligen geistigen Verschmelzung einzulassen.
Etwas einfacher zu üben ist das sogenannte „geheime Opfer“. Dabei widmet man jede sexuelle Aktivität der Gottheit. Eine Ejakulation des Mannes kommt hier nicht vor, auch beim Karmamudra nicht. Die sechs Yogas von Naropa dienen hier als Vorbereitung, während das Opfer darin besteht, die Energie im Zentralkanal hochzuziehen.